Dienstag, 23. November 2010

A la recherche du temps perdu - Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

A la recherche du temps perdu ist das Hauptwerk Marcel Prousts, geschrieben zwischen 1908 und 1909 sowie 1922. Der gesamte Romazyklus spielt in Paris und Umgebung, im gehobenen Bürgertum, zur Zeit des Fin de Siècle und der Belle Époque. Insgesamt umfasst er sieben Teile in 15 Bänden, wovon Du côté de chez Swann (dt. In Swanns Welt) den ersten Band darstellt.

Dieser wiederum ist in 3 Teile gegliedert:
1. Combray
2. Un amour de Swann
3. Nom du pays: le nom

  • A côté de chez Swann - In Swanns Welt
Longtemps je me suis couché de bonne heure... Lange Zeit legte ich mich früh schlafen...

Der Roman beginnt mit den Beschreibungen eines schlaflosen Ich-Erzählers, der sich alle Schlafstuben, in denen er im Laufe seines Lebens bisher genächtigt hat, in Erinnerung ruft. Im Halbschlummer versucht er sich das Leben von früher, das Leben seiner Kindheit, vorzustellen als er mit der Familie bei der Großtante in Combray weilte.


- Die verschiedenen "Ichs"

Es wird zwischen dem anfänglichen "Ich" des Erzählers sowie den Erinnerungen an Combray des "Ichs" des Helden Marcel unterschieden. Das Ich des Erzählers ist zu Beginn des ersten Teils Combray gegenwärtig und schließt diesen Teil auch ab, lässt außerdem das "Ich" des Helden in dessen verschiedenen Lebensabschnitten auftreten. Dr. phil. Ulrike Sprenger geht in ihrer Dissertation Stimme und Schrift: inszeniert Mündlichkeit in Marcel Proust A la recherche du temps perdue auch auf jenes Wechselspiel von erlebendem und erzählendem Ich und der schwer festlegbaren Erzählsituation ein, welche sich zwischen verschiedenen erlebenden sowie erzählenden Instanzen hin- und herverlagern würde.

- Mémoire volontaire und mémoire involontaire

Die Erinnerung spielt im gesamten Roman eine Schlüssel-Rolle, da sie den Zugriff auf die Vergangenheit oder zumindest auf die näherungsweise Rekonstruktion derselbigen ermöglicht. Diese Rekonstruktion der Vergangenheit geschieht sozusagen "mehrgleisig", durch bewusste Erinnerung und den Versuch, bewusster Rekonstruktion des Vergangenen (mémoire volontaire) einerseits. Jene Art der Erinnerung, auch mémoire de l'intélligence genannt, verläuft anhand logischer, wohl überlegter und rationaler Prozesse. Andererseits bezieht Proust eine weitere Form der Erinnerung ein, welche dieser erstgenannten rationalen Erinnerung beinahe entgegensteht. Sie läuft unbewusst auf psychologisch-mentaler Ebene ab und wird als unwillkürliche Erinnerung (mémoire involontaire) bezeichnet. Eine der Schlüsselszenen schlechthin dafür stellt die berühmte "Madeleine"-Szene dar, in welcher der Held aufgrund der Geschmackserlebnis eines in Tee getauchten Stück Gebäcks unerwarted in die Lage versetzt wird unterbewusste, ungeahnte Erinnerungen an die Jugendzeit in Combray frei zu setzen und zum wahren Kern seiner Erinnerungen vorzudringen. Der Bereich der rein rationalen Erinnerungskonstruktion weicht einem pluridimensionalen und sensuellen Erinnerungserlebnis, welche ganze Sinnes-Ketten der Erinnerung ähnlich einer umfallenden Domino-Stein-Reihe sichtbar macht.

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